Rückblick Tagung 2023 zur UN-BRK

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15 Jahre nach der Ratifizierung der UN-BRK in Österreich haben LebensGroß GmbH und FZIB am 26.9.2023 zu einer Tagung (Details zum Programm finden Sie auf der Website der Tagung) eingeladen, um Bilanz zu ziehen. Es ging um die Frage, was in Österreich dazu passiert ist und um Perspektiven für die Zukunft. 160 Teilnehmende aus sozialen Einrichtungen, Politik, Lehre und Forschung, sowie viele Selbstvertreter*innen zeigten großes Interesse an dem Thema. Hochaktuell war das Thema auch deshalb, weil im August 2023 der UN-Fachausschuss die Staatenprüfung Österreichs vorgenommen hat und zum Ergebnis kam, dass es für Österreich noch zahlreiche Handlungsempfehlungen gibt (abrufbar in Englisch unter https://ogy.de/Handlungsempfehlungen2023).

Eröffnet wurde die Tagung mit einer Runde am Podium moderiert von Peter Much und Luca Kielhauser: LebensGroß-Geschäftsführerin Susanne Maurer-Aldrian, FZIB-Leitung Barbara Gasteiger-Klicpera, Inklusionsstadtrat Kurt Hohensinner und Gemeinderat Philipp Ulrich wurden um Ihre Einschätzung bezüglich der Umsetzung der UN-BRK in Österreich gebeten. Aus unterschiedlichen Perspektiven bestätigten alle, dass es hier noch Handlungsbedarf gibt.

Im folgenden Vortrag stellte Christine Steger, seit März 2023 Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, davor lange Zeit Behindertenvertrauensperson und Vorsitzende des Monitoringausschusses, übersichtlich und klar dar, wo sie Stärken und Schwächen der Umsetzung der UN-BRK in Österreich sieht (hier finden Sie ihre Präsentation dazu).  Die erfahrene Expertin für die Rechte von Menschen mit Behinderungen vertrat die Einschätzung, dass die aktuelle Gesetzeslage nicht ausreichend ist, um der UN-BRK gerecht zu werden. Eine Ursache liegt in den unterschiedlichen Zuständigkeiten von Bund, Land und Gemeinden, aber auch die Tatsache, dass Österreich einen Erfüllungsvorbehalt unterzeichnet hat, d.h. dass Betroffene ihre Rechte nicht einklagen können, ist dafür verantwortlich. Dies führt zu Exklusion im Bildungsbereich und dazu, dass Menschen mit Behinderung bzw. ihre Vertretung immer noch als Bittsteller*innen wahrgenommen werden. Um die Rechte tatsächlich einhalten zu können, wäre aus Stegers Sicht das Erheben der tatsächlichen Bedarfe notwendig und die Planung von Ressourcen entsprechend der Bedarfe. Es braucht ein neues Denken, um Gesetze wirklich so zu gestalten, dass die Konvention und der bestehende rechtliche Anspruch der Menschen mit Behinderungen berücksichtigt und irgendwann dann auch zu gelebtem Recht werden.

Im Anschluss wurden unter dem Motto „Praxis trifft Wissenschaft“ in 7 Workshops zu den zentralen Themen Arbeit, Barrierefreiheit, Bildung, Familie, Partnerschaft & Sexualität, Freizeit, Sport & Kultur, Politik & gesellschaftliche Teilhabe sowie Wohnen aktuelle Ergebnisse der Forschung vorgestellt, Bezug zur Praxis genommen, das Verhältnis zur UN-BRK diskutiert und Lösungsansätze entwickelt. Diese 7 Perspektiven wurden nach den Workshops in einer Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen der Bundes-, Landes- und Stadtpolitik (Sandra Krautwaschl Grüne, Fiona Fiedler NEOS, Koren Maximilian ÖVP, Philipp Ulrich KPÖ) vorgestellt, mit den Expert*innen (Christine Steger, Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, Heinz Sailer, Monitoringausschuss) diskutiert und es wurde konkret nach Umsetzungsschritten der Politik gefragt.

Die Ergebnisse der Diskussion waren: Es wird noch immer eine starke Bewusstseinsbildung benötigt, damit die UN-BRK in ihren klaren Regelungen zur Anwendung kommen kann. In den Bereichen Bildung, Familie, Partnerschaft & Sexualität bedarf es Bewusstseinsbildung, Aufklärung und Partizipation und entsprechender finanzieller Ressourcen. Barrierefreiheit wird meist nur als bauliche Barrierefreiheit verstanden, obwohl es viel mehr Ebenen gibt (z.B. barrierearme Kommunikation), aber selbst beim Baulichen gibt es noch zahlreiche Hürden und nur ein minimaler Prozentsatz an Wohnungen ist barrierefrei. Im Bereich Politik sind alle Ebenen gefordert, Gesetze zu überarbeiten und es braucht einen gesetzl. Rahmen für tatsächliches Handeln. In Bezug auf Arbeit ist nach wie vor die Herausforderung, dass viel zu wenige Firmen tatsächlich begünstigt Behinderte beschäftigen und dass hier noch viel mehr Möglichkeiten angeboten werden müssen, damit Menschen mit Behinderungen einer bezahlten Erwerbsarbeit nachgehen können. Im Bereich Freizeit, Kultur & Sport gibt es immer noch zu wenig Ressourcen und Möglichkeiten, damit Menschen mit Behinderungen völlig gleichberechtig teilhaben können (z.B. Ausbau der persönlichen Assistenz).

LebensGroß GmbH hat daraus 7 Perspektiven formuliert:

Arbeit
Es braucht eine vollwertige Anerkennung von Menschen mit Behinderungen am ersten Arbeitsmarkt, wo jeder seine Potenziale entfalten kann und sozialversicherungsrechtlich abgesichert ist.

Sport, Kultur und Freizeit
Barrieren im Sport-, Kultur- und Freizeitbereich müssen abgebaut werden. Der Zugang zu diesen Institutionen muss für alle Menschen möglich sein, da vor allem am Land Vereine das Tor zum gesellschaftlichen Leben sind.

Barrierefreiheit
Es braucht eine Sichtbarmachung und Sensibilisierung für Barrieren, um diese ganzheitlich zu denken. Barrierefreiheit darf nicht bei Rampen für Rollstuhlfahrer:innen aufhören. Menschen mit Behinderungen müssen als Expert:innen in Planungsprozesse eingebunden werden.

Politik und gesellschaftliche Teilhabe
Politiker:innen müssen auf Augenhöhe mit allen Menschen kommunizieren. Es braucht politische Informationen in einfacher Sprache und Anliegen dürfen nicht in der Schublade verschwinden, nur weil Ämter mit neuen Menschen besetzt werden. Die Politik hat die Verantwortung inklusive Rahmenbedingungen auf allen Ebenen zu schaffen.

Wohnen
Menschen mit Behinderungen – egal welchen Alters und mit welchen Erkrankungen – dürfen selbst entscheiden, wo, wie und mit wem sie leben wollen. Dazu braucht es De-Institutionalisierung und flexiblere Betreuungsmöglichkeiten.

Bildung
Jedes Kind hat das Recht auf inklusive Bildung und barrierefreie Schulbauten. Eine inklusive Ausbildung für alle Pädagog:innen im Bildungsbereich muss verpflichtend sein.

Familie, Partnerschaft und Sexualität
Erwachsene Menschen sollen wie Erwachsene behandelt werden. Partnerschaft und Elternschaft muss für Menschen mit Behinderungen (auch in Institutionen) lebbar sein. 

Trotz dieser enormen Handlungsbedarfe in Österreich blieb die Stimmung der Tagung geprägt von Zusammenhalt und engagierter Unterstützung der starken Stimmen für die Rechte der Menschen mit Behinderung. Mögen diesen Stimmen Taten folgen!

Hier finden Sie die Präsentationen und Materialien zu den Workshops zur Nachlese:

Workshop Arbeit - Workshop Barrierefreiheit -  Workshop Bildung  -   Workshop Familie, Partnerschaft, Sexualität  (hier in einfacher Sprache)-  Workshop Freizeit, Sport, Kultur  - Workshop Politik & gesellschaftliche Teilhabe - Workshop Wohnen (Unterlagen folgen)

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Kooperationspartner*innen

 Private Pädagogische Hochschule Augustinum  Pädagogische Hochschule Steiermark  Universität Graz 

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